Beschluss:

 

Die Bürgermeisterin der Gemeinde Glandorf wird beauftragt, den Klageweg der Gemeinde Glandorf gegen den Landkreis Osnabrück 

 

wegen: Errichtung und Betrieb von 2 Windenergieanlagen

 

zur Aufhebung des der 

Bürgerenergiegesellschaft Windpark Bever GmbH & Co. KG, Bornweg 28, 49152 Bad Essen

 

unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids des Beklagten vom 22.02.2021 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 18.10.2021 (Az: FD6-70-01611-21) zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen auf den Baugrundstücken Glandorf, Gemarkung Sudendorf, Flur 5, Flurstück 175/1 sowie Gemarkung Sudendorf, Flur 3, Flurstück 324, weiterzuverfolgen.


Ratsvorsitzender Bäumer begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Dr. Unland, der die Gemeinde beim gesamten Planungsprozess begleitet hat.

 

Bürgermeisterin Dr. Heuvelmann erläutert zunächst die gesetzlichen und planerischen Vorgaben, die bei der Errichtung von Windenergieanlagen zu beachten sind. So wurden im Rahmen der 7. Änderung des Flächennutzungsplanes Konzentrationszonen festgelegt, die aus dem Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises entwickelt wurden. Eine Fläche wurde im Laufe des Verfahrens aufgrund von Denkmalschutzbelangen nicht übernommen, andere sind bereits mit Windrädern bebaut. Die nun im Ortsteil Sudendorf in Rede stehenden Flächen wurden im Flächennutzungsplan zwar dargestellt, aufgrund des Artenschutzes in diesem Bereich jedoch von Anfang an kritisch beurteilt.

 

Die Gemeinde hat im Wesentlichen aufgrund artenschutzrechtlicher Bedenken das Einvernehmen zum vorliegenden BImSchG Antrag versagt.

Hierauf hat der Landkreis Osnabrück das gemeindliche Einvernehmen ersetzt. Gegen diese Entscheidung hat die Gemeinde einen ausführlich begründeten Widerspruch eingelegt. Mit Datum vom 18.10.21 hat der Landkreis den Widerspruch der Gemeinde abgelehnt. Gegen die Ablehnung besteht die Möglichkeit zu klagen. Fristwahrend wurde bereits Klage eingereicht. Auch wenn formal eine Ratsentscheidung nicht notwendig ist, soll aufgrund der Trageweite der Entscheidung eine Beschlussfassung des Gemeinderates eingeholt werden.

 

Auf Nachfrage von Ratsmitglied Micke teilt Bürgermeisterin Dr. Heuvelmann mit, dass sich die Verwaltung an die Entscheidung des Rates halten werde.

 

Herr Dr. Unland erläutert, dass es zwar auch formale Kritikpunkte an der Entscheidungsfindung des Landkreises gebe, materieller Schwerpunkt des Widerspruches der Gemeinde ist die vom Landkreis angewandte Systematik zum Artenschutz, u.a. die Definition, ab wann eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt. Hier hat sich der Landkreis an der Systematik von Dr. Schreiber orientiert.  Diese ist gerichtlich allerdings bisher nicht anerkannt und auch das Bundesnaturschutzamt bewertet die Methode kritisch. Gegenüber den gerichtlich anerkannten Methoden geht die Systematik von Schreiber davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos erst bei einer Verdoppelung vorliegt.

Dieses Grundverständnis weicht von den gerichtlich anerkannten Leitlinien ab und entspricht nicht der Rechtsprechung des BVerwG.

In Glandorf besteht darüber hinaus die Besonderheit, dass nicht nur eine, sondern drei schützenswerte Arten im Umfeld der geplanten Windenergieanlagen kartiert wurden. Das kommt nicht sehr häufig vor.

Darüber hinaus stellt der Landkreis mit der Wirtschaftlichkeit als Basis für Maßnahmen des Artenschutzes die eigentlich intendierte Betrachtungsweise „auf den Kopf“. Dies spiegelt sich auch in Nebenbestimmungen der Genehmigung wider.

 

Ratsmitglied Gottlöber kann sich die Durchführung eines Klageverfahrens grundsätzlich vorstellen, stellt sich aufgrund der Ziele im neuen Koalitionsvertrag jedoch die Frage, ob sich die Grundlagen in naher Zukunft so verändern, dass eine Genehmigung trotzdem zu erwarten ist.

 

Dr. Unland schätzt die Erfolgsaussichten für eine Klage im Moment hoch ein. Er teilt mit, dass er eine gerichtliche Entscheidung in der Sache frühestens Ende 2022 / Anfang 2023 erwarte. Die Rahmenbedingungen können sich zwar künftig ändern, jedoch ist die EU Vogelschutzrichtlinie eine hohe Hürde die durch nationales Recht zu beachten ist.

Auch bei bestehenden Anlagen hat der Betreiber die Möglichkeit, diese an die jeweils aktuellen Rechtslagen anzupassen.

 

Ratsmitglied Ossege und Winterberg erkundigen sich, ob ähnliche Belange in anderen Verfahren schon zum Erfolg geführt hätten und ob es noch andere Ansatzpunkte gibt.

 

Dr. Unland teilt mit, dass Artenschutz das häufigste Klageargument ist.

 

Ratsmitglied Bischof erkundigt sich nach den Kosten für das Klageverfahren.

 

Dr. Unland teilt mit, dass bisher Kosten in Höhe von rd. 7.500 EUR entstanden sind. Im schlimmsten Fall kommen auf die Gemeinde noch weitere Kosten von ca. 7.500,00 EUR zu. Im Erfolgsfalle wird ein Teil der entstandenen Anwaltskosten zurückerstattet. Ein Haftungsrisiko der Gemeinde gegenüber dem Betreiber oder dem Landkreis besteht nicht.

 

Ratsmitglied Wordtmann hinterfragt, was das Ziel nach der Aufhebung der Genehmigung sein kann. Die Darstellung im Flächennutzungsplan bleibt weiterhin vorhanden.

 

Bürgermeisterin Dr. Heuvelmann erläutert, dass dem Kreistag im ersten Quartal der Landschaftsrahmenplan vorgestellt wird. Dieser bildet die Grundlage für die zu erwartende Anpassung des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises. Aus ihrer Sicht sollte im Besonderen beim Landschaftsrahmenplan darauf hingewirkt werden, dass in diesem Bereich naturschutzfachlich wertvolle Räume weiterentwickelt und keine Windräder gebaut werden. Eine länderübergreifende Betrachtung beim Landschaftsrahmenplan ist schon deshalb sinnvoll, weil die Stadt Sassenberg entlang der Bever ein Naturschutzgebiet ausweisen möchte.

 

Dr. Unland ergänzt, dass planerisch künftig mehr Möglichkeiten bestehen, wenn keine Anlagen errichtet sind. Wenn bereits Anlagen in der Örtlichkeit vorhanden sind, wird dies dazu führen, dass der Raum schon vorstrukturiert ist und anderweitige Entwicklungen kaum noch umgesetzt werden können.

 

Ratsmitglied Twyhues fragt, ob evtl. weitergehende vertragliche Vereinbarungen mit dem Betreiber eingegangen werden könnten.

 

Dr. Unland teilt mit, dass dies vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich getroffen werden können, etwaige Rechtsnachfolger sind jedoch nicht in diese Verpflichtungen gebunden.

 

Ratsmitglied Micke ist der Auffassung, dass es aufgrund der Klimakrise unumgänglich ist, weitere Windräder zu installieren. Daher sollte Glandorf sich dieser Problematik nicht verschließen und dieses Verfahren blockieren.

 

Bürgermeistern Dr. Heuvelmann und Ratsmitglied Gottlöber weisen darauf hin, dass Glandorf sich keineswegs gegen die Aufstellung von Windrädern verschlossen hat. Eher das Gegenteil ist der Fall. Im Bundesvergleich steht Glandorf in seiner Energiebilanz sehr gut da.

 

Ratsmitglieder Wordtmann und Micke weisen darauf hin, dass künftig aufgrund der anstehenden Herausforderungen zur Mobilität und Wärmeversorgung noch wesentlich mehr gemacht werden müsse. Mit der Ablehnung komme die Gemeinde ihrer Vorbildfunktion nicht nach.

 

Nach entsprechender Abstimmung eröffnet Ratsvorsitzender Bäumer die Sitzung auch für Anregungen und Wortmeldungen der Zuhörer.

 

Von den Zuhörern wird vorgetragen, auch den Schutz der Anwohner nicht außer Acht zu lassen. Es wird auf die geltenden Abstandsregelungen hingewiesen.

 

Es wird auch vorgeschlagen, die Energie nicht in Rechtsstreitigkeiten zu vergeuden, sondern Lösungen zur Erstellung von Biotopen in Verhandlungen mit dem Betreiber zu suchen.

 

Ein Vertreter des Betreibers teilt mit, dass er stets bemüht ist, Akzeptanz für die Anlagen zu schaffen, so wurde die Anzahl der Anlagen von 4 auf 2 reduziert. Der Betreiber ist nicht gewillt aufzugeben, es bestehe aber Gesprächsbereitschaft über Kompensationsflächen oder Beteiligungen der Gemeinde zu beraten. 

 

Ratsvorsitzender Bäumer schließt die Sitzung wieder für die Zuhörer und bereitet die Beschlussfassung vor.

 

Ratsmitglied Erpenbeck stellt den Antrag auf geheime Abstimmung.

 

Der Antrag auf geheime Abstimmung wird bei 6 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung nicht angenommen.

 

Ratsvorsitzender Bäumer lässt daraufhin über den Beschlussvorschlag abstimmen.


Abstimmungsergebnis:


Beschlussvorschlag:

 

Die Bürgermeisterin der Gemeinde Glandorf wird beauftragt, den Klageweg der Gemeinde Glandorf gegen den Landkreis Osnabrück 

 

wegen: Errichtung und Betrieb von 2 Windenergieanlagen

 

zur Aufhebung des der 

Bürgerenergiegesellschaft Windpark Bever GmbH & Co. KG, Bornweg 28, 49152 Bad Essen

 

unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids des Beklagten vom 22.02.2021 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 18.10.2021 (Az: FD6-70-01611-21) zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen auf den Baugrundstücken Glandorf, Gemarkung Sudendorf, Flur 5, Flurstück 175/1 sowie Gemarkung Sudendorf, Flur 3, Flurstück 324, weiterzuverfolgen.