Betreff
Betrauungsakt Tourismusverband Osnabrücker Land - Beratung und Beschlussfassung
Vorlage
01/157/2017
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

I.          Sachdarstellung:

Der Landkreis Osnabrück und die Stadt Osnabrück sowie die angrenzenden und die benachbarten Samt- und Einheitsgemeinden, Städte und Gemeinden in der Tourismusregion Osnabrücker Land haben sich zum Zwecke der Tourismusförderung als Teilaspekt der kommunalen Wirtschaftsförderung in den jeweiligen Wirtschaftsstandorten und Wirtschaftsräumen zu einem Verband zusammengeschlossen. Der Verband führt den Namen „Tourismusverband Osnabrücker Land e.V.“. Er hat seinen Sitz in Osnabrück. Das Verbandsgebiet umfasst das Gebiet des Landkreises und der Kommunen als Verbandsmitglieder. Aufgabe des Verbandes ist es, die touristische Entwicklung innerhalb der Wirtschaftsstandorte und Wirtschaftsräume im Verbandsgebiets in Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Verbandsmitglieder nach den Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz insbesondere durch ein Tourismusmarketing zu fördern.

Die öffentlichen Verbandsmitglieder haben nach den Statuten (Satzung und Beitragsordnung) an den Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. zur Deckung seines Finanzbedarfs eine Umlage in Form von Mitgliedsbeiträgen zu leisten, soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um diesem eine Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen.

 

Der Vorstand des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. hat im Rahmen der Erarbeitung und Umsetzung des „Fahrplans 2020 Tourismus und Marketing für das Osnabrücker Land“  und aufgrund der aktuellen Revision des EU-Beihilferechts am Beispiel der von den öffentlichen Verbandsmitgliedern des Tourismusverbandes anteilig zu erbringenden Mitgliedsumlagen die Überprüfung auf etwaige unerlaubte EU-Beihilfen begonnen bzw. fortgeführt. Die Überprüfung kam zu dem Ergebnis, dass bei der gebotenen vorsichtigen Auslegung beihilferelevante Sachverhalte im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegen.

Dieses deshalb, weil nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, dass das Merkmal der Begünstigung durch staatliche Beihilfen oder eine Wettbewerbsverfälschung bzw. eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels vorliegen.

Nach der Definition des EU-Beihilferechts liegt eine Beihilfe immer dann vor, soweit aus staatlichen Mitteln ein wirtschaftlicher Vorteil an ein bestimmtes Unternehmen fließt und dieses eine Wirkung auf den Wettbewerb hat.

Der Tourismusverband Osnabrücker Lande e.V. ist unter der Begriffsbestimmung „Unternehmen“ im Sinne des EU-Rechtes subsumiert.

II.     EU-Beihilferechtliche Situationsanalyse und Ausgangslage

Das europäische Beihilferecht ist in den Artikeln 107 und 108 des „Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (sog. Lissabon-Vertrag, nachfolgend: „AEUV“) geregelt. Danach sind aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Art. 107 Abs. 1 AEUV). Unter dieses Beihilfeverbot fallen nicht nur direkte Zuschüsse, sondern weitere mögliche wirtschaftliche Vorteile (z.B. Kapitalzuführungen ohne Aussicht auf angemessene Gewinnausschüttung, Übernahme von Bürgschaften), die den Wettbewerb verzerren können.

Wird eine Beihilfe aus staatlichen Mitteln gewährt, bei der nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie den Wettbewerb verfälscht und hierdurch den Handel zwischen den Mitgliedsaaten beeinträchtigt, muss sie grundsätzlich bei der EU-Kommission angezeigt und notifiziert werden. Diese prüft dann, ob die Mittelgewährung mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Hierfür gibt es verschiedene Ausnahmeregelungen.

Die EU-Kommission erkennt im Rahmen von Artikel 106 AEUV an, dass Mitgliedstaaten bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringen müssen („DAWI-Mitteilung“). Bei der Definition von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse steht den Mitgliedstaaten ein erhebliches Ermessen zu.

Charakteristisch für DAWI ist, dass sie nicht oder nicht in der notwendigen Breite ohne die Gewährung von staatlichen Mitteln vom Markt bereitgestellt werden. Weiterhin erkennt die EU-Kommission an, dass ein Mitgliedsstaat diese Dienstleistungen nicht zwingend selbst erbringen muss, sondern auch Dritte, wie den Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. mit der Erbringung betrauen und hierfür Ausgleichsleistungen gewähren kann.

Staatliche Ausgleichsleistungen für die Erbringung von DAWI können Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV sein. Für diese Beihilfen sind Ausnahmeregelungen geschaffen worden. Voraussetzung für diese DAWI-Freistellung ist allerdings ein formeller Betrauungsakt. Der Freistellungsbeschluss der EU-Kommission enthält hierzu die inhaltlichen Vorgaben, die in dem in Anlage 1 dargelegten Betrauungsakt näher beschrieben sind.

Nach bislang herrschender Meinung ist auch die (touristische) Wirtschaftsförderung unter diese Dienstleistungen zu fassen.

In jüngster Vergangenheit wurde bekannt, dass die EU-Kommission ihr Verständnis zum Begriff der staatlichen Beihilfe insbesondere im Kontext der öffentlichen Tourismusförderung geändert hat. Die touristische Wirtschaftsförderung wird von dieser nur noch in einem sehr eingeschränkten Maße als eine Aufgabe der öffentlichen Hand im Kontext der Daseinsvorsorge verstanden. Im Kern könnte dieses bedeuten, dass die beihilferechtliche Qualifizierung bzw. Beurteilung von zukünftig aus öffentlichen Kassen erhaltenen Leistungen nicht mehr mittels eines Betrauungsaktes nach dem Freistellungsbeschluss der EU-Kommission erfolgen muss bzw. kann, sondern das entsprechend weniger voraussetzungsintensive und damit ressourcenschonendere Instrument vor allem der De-minimis-Verordnung zum Einsatz zu bringen ist.

Die EU-Kommission hat in mehreren nicht-veröffentlichten Entscheidungen ihre neue Auffassung bestätigt. Die bisherig im Kontext der Daseinsvorsorge als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbrachten Tätigkeiten, stellen nach den allerjüngsten Entscheidungen der EU-Kommission – im Wesentlichen sogenannte „nichtwirtschaftliche Tätigkeiten“ oder wirtschaftliche Tätigkeiten von lediglich „lokaler Bedeutung“ dar. Konsequenz ist in beiden Fällen der Entfall des Beihilfebegriffs, da dieser zum einen an eine wirtschaftliche Tätigkeit anknüpft und die Tätigkeiten von grundsätzlich grenzüberschreitender Auswirkung für den Handel oder Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten sein müssen.

Abzuwarten bleiben die zum Zeitpunkt der Vorlage dieses Beschlusses im November 2017 noch nicht vorliegenden Ergebnisse der weiteren Abstimmungsrunden zwischen der EU-Kommission und den auf deutscher Seite beteiligten Stellen. Aus Vorsichtsgründen wurde der zur Befassung vorgelegte Betrauungsakt daher um Bestimmungen erweitert, die es erlauben, auf die fortschreitende Entwicklung zu reagieren. Die Aussagen der EU-Kommission aus jüngster Zeit sind bislang nur in wenigen Einzelfällen Gegenstand der Befassung durch die europäischen und nationalen Gerichte (gewesen).

Insbesondere vor dem Hintergrund der laufenden Geschäftstätigkeit des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. und im Zusammenhang mit den zeitnah durch den Verband benötigten Ausgleichsleistungen sollten diese durch die Betrauung des Verbandes gemäß Freistellungsbeschluss der EU-Kommission mittels Betrauungsakt gem. Anlage 1 zu dieser Vorlage beihilferechtlich abgesichert werden.

III.    Verfahrensschritte

Der Betrauungsakt ist von allen Mitgliedskommunen des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. gleichlautend zu beschließen und hat die in der Vorlage genannten Regelungsinhalte zu berücksichtigen. Der Betrauungsakt führt zu keiner Änderung der Rechte und Pflichten des jeweiligen kommunalen Verbandsmitglieds.

Für den Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. wird ein Betrauungsakt vorgelegt, mit dem zukünftig insbesondere die Umlagenfinanzierung für die nächsten Wirtschaftsjahre des Verbandes geregelt wird. Die Umlagen der kommunalen Verbandsmitglieder in Form von Mitgliedsbeiträgen sollen den Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. daher weiterhin allgemein in die Lage versetzen, seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen.

Der Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. benötigt von jedem Verbandsmitglied eine Mitteilung über den Erlass des Betrauungsaktes.

Die Mitgliederversammlung des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. muss sodann über die Annahme der Betrauung beschließen. Ein entsprechender Antrag wird in der nächsten Mitgliederversammlung des Verbandes eingebracht werden.

Hinsichtlich des Betrauungsaktes ist es angezeigt, entsprechende Hinweise auf den Charakter der Aufgaben des Tourismusmarketings und der (touristischen) Wirtschaftsförderung als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie einen Verweis auf den Freistellungsbeschluss der EU-Kommission Betrauungsakt aufzunehmen. Die entsprechenden Ergänzungen der Verbandssatzung gemäß Anlage 2 werden nach Bekanntgabe des Betrauungsaktes zu einem späteren Zeitpunkt ergänzend nachgeführt. 

 

Der Betrauungsakt bestätigt und konkretisiert den durch die Satzung begründeten Zweck des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V., Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von § 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu erbringen, um damit den Anforderungen des Europäischen Beihilfenrechts („Almunia-Paket“ und „Altmark-Trans“-Rechtsprechung) Rechnung zu tragen. Der Betrauungsakt zugunsten des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. beruht auf der am 31. Januar 2012 in Kraft getretenen Freistellungsbeschluss 2012/21/EU und ist auf einen Zeitraum bis zum 31.12.2021 befristet. Der Betrauungsakt folgt im Aufbau den in Stadt und Landkreis Osnabrück bereits in der Vergangenheit praktizierten Betrauungen.

Es wird daher rechtsvorsorglich empfohlen, die Tätigkeit des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. mit einem die Regelungen der Verbandssatzung ergänzenden Betrauungsaktes beihilferechtskonform abzusichern.

 


Beschlussvorschlag:

 

1. Der Rat der Gemeinde Glandorf betraut den Tourismusverband Osnabrücker Land für die Dauer von 10 Jahren befristet nach Maßgabe des als Anlage 1 beigefügten Betrauungsaktes.

2. Der Rat der Gemeinde Glandorf verpflichtet den (die) jeweiligen Vertreter der Gemeinde Glandorf in der Mitgliederversammlung des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V.

a)        auf die Einhaltung des Sicherstellungsauftrages nach § 2 des Betrauungsaktes und

b)        auf die Erbringung der in § 3 des Betrauungsaktes aufgeführten Dienstleistungen

hinzuwirken.

3.   Der Rat der Gemeinde Glandorf nimmt die erforderliche Änderung der Verbandssatzung des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. laut Anlage 2 zur Kenntnis und weist die in die Mitgliederversammlung entsandten Vertreter an, dort jeweils auf eine Umsetzung des Betrauungsaktes durch Änderung der Verbandssatzung bis spätestens 31.12.2018 dergestalt hinzuwirken, dass die Mitgliederversammlung durch jeweiligen Beschluss eine entsprechende Weisung des Vorstands an die jeweilige Geschäftsführung erteilt. Sie werden außerdem angewiesen, alle in Verbindung mit dem Beschluss des Betrauungsaktes erforderlichen Regelungen zu treffen, insbesondere die in diesem Zusammenhang erforderlichen rechtsverbindlichen Erklärungen abzugeben und Handlungen vorzunehmen, die in dem Zusammenhang mit dem Betrauungsakt erforderlich und/oder zweckmäßig erscheinen.

4.   Die Bürgermeisterin wird ermächtigt, den Betrauungsakt als Verwaltungsakt an den Tourismusverband Osnabrücker Land e.V. zu erlassen und bekannt zu geben.

5. Falls sich aufgrund rechtlicher Beanstandungen durch die Urkundsbeamten, die Aufsichtsbehörden oder das Registergericht sowie aus steuerlichen oder aus sonstigen Gründen Änderungen an dem Betrauungsakt und/oder der Vereinssatzung als notwendig oder zweckmäßig erweisen, erklärt sich der Rat der Gemeinde Glandorf mit diesen Änderungen einverstanden, sofern hierdurch der wesentliche Inhalt dieses Beschlusses und dessen Anlage sowie die Satzung des Tourismusverbandes Osnabrücker Land e.V. nicht verändert werden.

      Die Bürgermeisterin wird außerdem ermächtigt, den in der Anlage 1 beigefügten Betrauungsakt während seiner Laufzeit im Rahmen der künftigen Rechtsentwicklung den jeweiligen Erfordernissen anzupassen.

6.   Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt, dass der Landkreis Osnabrück sowie die Städte und Gemeinden bzw. Samtgemeinden Stadt Osnabrück Gemeinde Bad Essen, Stadt Bad Iburg, Gemeinde Bad Laer, Gemeinde Bad Rothenfelde, Gemeinde Belm, Gemeinde Bissendorf, Gemeinde Bohmte, Stadt Bramsche, Stadt Dissen, Stadt Georgsmarienhütte, Gemeinde Hagen, Gemeinde Hasbergen, Gemeinde Hilter, Stadt Melle, Gemeinde Ostercappeln, Gemeinde Wallenhorst, Samtgemeinde Artland, Samtgemeinde Bersenbrück, Samtgemeinde Fürstenau, Samtgemeinde Neuenkirchen sowie die im Zweckverband „Erholungsgebiet Hasetal“ zusammengeschlossenen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden Stadt Meppen, Stadt Haselünne, Samtgemeinde Herzlake, Stadt Löningen, Gemeinde Essen, Gemeinde Lindern, Gemeinde Lastrup, Samtgemeinde Artland, Samtgemeinde Bersenbrück gleichlautende Beschlüsse fassen.